Der Bund der Versicherten (BdV) hatte zusammen mit der Verbraucherzentrale Hamburg eine Broschüre mit dem Titel "Versicherung - ja, aber..." herausgegeben hatte, in der zu lesen war:
"Die Lebensversicherung zur Altersversorgung ist ein ,legaler Betrug. Diese Kapital-Lebensversicherung ist zu neunzig Prozent überhaupt keine Versicherung, sondern ein langfristiger Sparvertrag mit einer Rendite, die oft unter der Inflationsrate liegt und dann gleich Null ist. Mit den Geldern, die Lebensversicherte langfristig hingeben, verschaffen sich die Unternehmen aber inflationssichere Kapitalanlagen mit hohen Wertsteigerungen, an denen die Versicherten nur selten beteiligt werden. Und der Staat verschafft sich hier billige langfristige Kredite, so dass man Beiträge für Kapital-Lebensversicherungen in vielen Fällen auch als ,Steuer für Dumme bezeichnen kann, die man hier mit angeblichen Steuervorteilen (die kaum zum Tragen kommen) zur langfristigen Geldhingabe verführt. Millionen Bundesbürger haben durch den Abschluss falscher Kapital-Lebensversicherungen Zigmilliarden Mark verloren - vor allem beim vorzeitigen Aussteigen aus diesen Verträgen und die dann meist sehr geringe Beitragsrückzahlung. Gewinner sind Staat und Lebensversicherungsunternehmen, die hier Hand in Hand arbeiten."
Der Verband der Lebensversicherungsunternehmen, an derart massive und öffentliche Kritik nicht gewöhnt, wollte diesen Vorwurf natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Er klagte gegen den Bund der Versicherten auf Unterlassung dieser ,verletzenden Äußerungen". Die Klage wurde im Juni 1983 durch Urteil des Landgerichts Hamburg abgewiesen. Die Branche legte aus optischen Gründen Berufung ein, zog diese aber in der Erkenntnis, dass sie diesen Prozess nicht gewinnen konnte, gleich wieder zurück. Das Landgericht Hamburg führte in seiner Urteilsbegründung aus:
"Die streitige Äußerung dient der Aufklärung der Verbraucher über das Wesen der Lebensversicherung zur Altersversorgung. Durch die Einstufung dieser Versicherung als ,legaler Betrug wird von dem Abschluss solcher Verträge abgeraten. Es ist ein öffentliches Interesse daran vorhanden, dass potentielle Versicherungsnehmer über die verschiedenen Möglichkeiten, das Todesfallrisiko zu versichern, aufgeklärt werden. Angesichts dessen, dass in der Werbung des Klägers und seiner Mitgliedsunternehmen die Lebensversicherung zur Altersversorgung im Vordergrund steht, besteht ein Aufklärungsbedürfnis über die Versicherungsart Risikolebensversicherung. Die Aussagen in der Broschüre zum Thema Risiko-Lebensversicherung und Lebensversicherung zur Altersversorgung ergeben, dass hier ein Vergleich zwischen diesen Versicherungsarten vorgenommen und im Interesse der Verbraucher - als für diese günstiger - der Abschluss von Risiko-Lebensversicherungen empfohlen wird." Und das Aufsichtsamt gab zu, dass die Kritik nicht ganz unberechtigt sei, und führte Mitte der 80er Jahre Verbesserungen bei Rückkauf (vorzeitiger Kündigung) von Kapitalversicherungen ein.
Mit dieser Versicherungsart haben die Bundesbürger bisher schon Hunderte von Milliarden Euro verloren. Dabei handelt es sich im Grunde nicht um eine Versicherung, sondern um einen Sparvertrag,
Die Kapital-Lebensversicherung hat auch nichts mit Altersversorge zu tun, die kein Versicherungs-, sondern ein reines Geldanlageproblem ist. Über Geldanlage sollten Sie aber vor allem nicht mit den Geldanlageberatern bei Banken und Sparkassen reden, und sich dabei nicht deren unrentable Angebote - wie Sparbuch, Sparbrief oder Sparpläne - aufschwatzen lassen, sonder nach Besserem bohren (wie z. B. Investmentfonds, über deren Renditen ständig in Wirtschaftsmagazinen berichtet wird).
Wer im Bereich "Kapitalversicherungen" Fehlr gemacht hat, sollte sich gründlich informieren und schnell handeln. Es geht letztlich um oft große Versorgungslücken für Familie und Alter und um sehr viel - meist schlecht angelegtes - Geld! Lassen Sie sich nicht von Vertretern oder bei Banken oder Sparkassen - zum Abschluss einer Kapital-Lebensversicherung überreden. Wenn Sie einen Vertrag unterschreiben und nach einiger Zeit Ihren Fehler erkennen und kündigen, haben Sie unter Umständen Tausende von Euro verloren. Hüten Sie sich auch vor verkappten Kapital-Lebensversicherungen in so genannten Kapitalaufbau- oder Sicherheitsplänen oder anderen Sparprogrammen. Fallen Sie auch nicht auf das Versprechen vorzeitiger Auszahlungen oder günstiger Baufinanzierungen herein. Die vorgelegten Rechenbeispiele stimmen meistens vorne und hinten nicht. - Viele Presseartikel zur Rendite der Kapital-Lebensversicherung sind von der Branche gesteuert worden und enthalten falsche Berechnungen. So haben Beispielrechnungen über den künftigen Verlauf von Kapital-Lebensversicherungen überhaupt keine Aussagekraft, weil ihnen die Renditen des letzten Geschäftsjahres zugrunde gelegt werden, diese aber wiederum nichts über die Zukunft aussagen, weil die Überschüsse bzw. Renditen nicht garantiert sind. Und Renditeangaben von über 7 Prozent wie auch der Garantiezins von 3,25 Prozent beziehen sich nur auf den Sparanteil, den der Versicherte mit seinen Prämien zahlt, den aber keiner kennt. Liegt dieser nur bei 70 Prozent des Beitrages, macht die Rendite - auf den Beitrag bezogen - nur 4,9 bzw. der Garantiezins nur 2,8 Prozent aus. Der Garantiezins wird übrigens nur für das Ende des Vertrages garantiert, nicht für jedes einzelne Jahr. So ist die Rendite der meisten Kapitalversicherungen bis etwa zum 10. Vertragsjahr negativ, weil die ersten Prämien für Abschlusskosten verbraucht worden sind.
Zu Kapitalversicherungen gibt es oft unsinnige, unrentable und teure Zusätze - z. B. den Unfall-Zusatz (UZ). Das heißt, dass bei einem Unfalltod eine höhere Leistung ausgezahlt würde. Dieser zusätzliche Versicherungsschutz ist viel zu teuer. Die Gesellschaften berechnen dafür über 1 Euro je 1.000 Euro Versicherungssumme. Bei einer günstigen Unfallversicherung kostet das nur 0,60 Euro. - Warum aber sollte man überhaupt eine zusätzliche Summe für den Fall des Unfalltodes versichern, die doch sicher auch bei Tod durch Krankheit benötigt würde? - Die beste Lösung für eine vernünftige Vorsorge für den Todesfall - egal ob durch Unfall oder Krankheit - ist allein die reine Risiko-Lebensversicherung. Also wer eine Lebensversicherung mit UZ hat und weiterführen will (oder - bei Krankheit weiterführen muss): Unfall-Zusatz ausschließen.
Dann gibt es Zusätze, die eine enorme Knebelungswirkung haben - wie ein Pflege- oder Berufsunfähigkeits-Zusatz (BUZ). Wenn Sie derartige Zusatzvereinbarungen treffen, kommen Sie nicht mehr von dem unrentablen Sparvorgang und dem teuren Versicherungsschutz los, wenn Sie krank geworden sind und sich anderweitig nicht mehr versichern können. Denn keine Gesellschaft führt die Zusatzversicherungen bei Aufkündigung des Sparvorganges als selbständige Verträge weiter! - Den Berufsunfähigkeitszusatz gibt es in zwei Formen: einmal als Beitragsbefreiung bei Berufsunfähigkeit und zweitens als Beitragsbefreiung plus Zahlung einer Monatsrente. Nun meinen viele Vertreter, Beitragsfreiheit bei Berufsunfähigkeit und trotzdem Auszahlung des Kapitals bei Ablauf könne man mit einer Risikoversicherung nicht erreichen. - Einer der vielen Vertretertricks, der wie folgt zu entlarven ist: Natürlich ist für diese Besonderheit ein gewisser Beitrag in die Prämie zur Kapitalversicherung einkalkuliert. Diesen Betrag wenden Sie besser für die Erhöhung einer Berufsunfähigkeitsrente auf, die Sie am besten in Verbindung mit einer Risiko-Lebensversicherung abschließen (als Berufsunfähigkeits-Zusatz). Und im Falle eines Berufsunfähigkeitsfalles könnten Sie aus dieser Zusatzrente das erforderliche Kapital für später ansparen. Die Rechnung ist ganz einfach: Sie versichern eine Berufsunfähigkeitsrente + dem Beitrag zur Kapital-Lebensversicherung, mit dem Sie ja auch über diese Versicherung Ihre zusätzliche Altersversorgung selbst angespart hätten. So hätten Sie für wesentlich weniger Beitrag eine Berufsunfähigkeitsrente versichert zuzüglich einem Betrag, den Sie - falls Sie kein Geld mehr verdienen - für Ihr Alter anlegen könnten. Ein "Zuschlag" von 150 Euro monatlich auf eine Berufsunfähigkeitsrente würde bei einer vernünftigen Anlage - einschließlich Zinsen oder Erträgen - nach 20 Jahren einen Betrag von etwa 100.000 Euro, nach 30 Jahren von etwa 200.000 Euro ergeben.